5Mai
2006

Degeneriert …

… würde ich meinen körperlichen Zustand zwar nicht bezeichnen, aber mein aller erster Besuch in einem Fitnessstudio war nicht nur interessant, sondern auch ernüchternd. Ich hatte schön länger vor, das Studio, das keine fünf Minuten Fußweg von meiner Wohnung entfernt liegt, auszuprobieren, … so etwa seit drei Jahren. Zeitlich klaffen eben manchmal zwischen Vorhaben und Umsetzung gewisse Lücken. Nach einem bewegungslosen Winter, in dem ein mitbewohnendes Waldtier wiederholt provozierend darauf hinwies, dass bestimmte Körperpartien von mir vor drei Jahren noch etwas „kompakter ausgefallen“ wären, nachdem ich aus dem letzten Urlaub ein eindeutig suboptimales Badehosenfoto mitgebracht habe, kurzum, nachdem ich den Umstand, etwa drei bis vier Kilo in den letzten Jahren zugenommen zu haben, zähneknirschend akzeptieren musste, habe ich also endlich meinen Arsch und den Rest von mir, wieder in Bewegung gesetzt.

Zunächst habe ich nach monatelanger Pause seit Ostern wieder mit dem regelmäßigen Joggen angefangen. Immerhin habe ich es jetzt geschafft, dreimal die Woche die Laufschuhe zu schnüren. Die Frage, ob ich zufrieden bin, auch nach längerem Nichtstun die Puste für eine Stunde Dauerlauf zu haben oder ob ich mich ärgere, dass das Tempo eindeutig nachgelassen hat, habe ich noch nicht so ganz geklärt. Und dann fand ich ein Schnupperangebot zum Frühlingsbeginn des benachbarten Sportstudios im Briefkasten. Entschlossen habe ich einen ersten Termin am Anfang dieser Woche vereinbart.

Als ich zu meinen Fitnesstermin ging, wurde mir am Empfang des Studios freundlich mitgeteilt, wo die Umkleide und der Geräteraum ist und dass mich dort Lea zur Einweisung erwartet. Fünf Minuten später stand ich Lea gegenüber. Lea ist eine kleine, sehr zierliche Frau von Anfang Zwanzig, deren Körper das Wort Fett in den Fremdwörterduden verbannt. Sie begrüßte mich freundlich und ging mit mir zunächst zu einer Theke, um einen Fragebogen zu besprechen. Ich erklärte ihr, dass ich in erster Linie eine Stärkung des Rückens und der Schulterpartie anstrebe, da ich sehr viel vor dem Computer sitze. Außerdem suche ich neben dem Dauerlauf noch ein konditionelles Ergänzungstraining, da ich gern wieder eineinhalb Stunden ohne Qual joggen möchte. Mein Anliegen vielleicht auch zwei oder drei Kilo abnehmen zu wollen, verschwieg ich natürlich gegenüber dieser aparten jungen Frau. Dann setzte sie mich zum Warmwerden für zehn Minuten auf einen dieser Tretesel. Beim Aufwärmen spähte ich erstmal den Raum aus. Sechs oder sieben Besucher waren am trainieren und machten zu meiner Erleichterung nicht den Eindruck, die Megasportler zu sein. Die einzige Ausnahme war eine Frau, die von vergleichbar zierlicher Natur wie Lea war und mit verblüffender Leichtigkeit dicke Hanteln stemmte. Ich fragte mich ernsthaft, wie das angesichts ihrer wirklich filigranen Arme physikalisch möglich ist.

Nach dem Aufwärmen führte mich Lea an eine Maschine, an der man mittels einer Stange über den Kopf Gewichte hochzieht. Sie erklärte mir die genaue Sitzposition, was bei der Haltung zu beachten ist und führte mir die Übung vor. Federleicht sah das bei ihr aus. Drei Durchgänge mit jeweils 20 Zügen empfahl sie mir. Nach dem zweiten Durchgang erkannte sie, dass bei meinem Trainingszustand das Gewicht Sinnvollerweise um fünf Kilo reduziert werden sollte. Mit der nächsten Übung an einer Seilzugmaschine kam ich ganz zu Recht. Umso ernüchternder war jedoch die dritte Station. An einem schwer zu beschreibenden Apparat sollte ich mich aus den Armen heraus aufstützen. Das machte mir auch motorisch Probleme. Es dauert eine ganze Weile bis ich den richtigen Bewegungsablauf gefunden hatte. Lea stellte mir noch drei weitere Übungen als Empfehlung vor, die ich teilweise mit Mühe absolvierte. Abschließend begab ich mich noch auf so ein Gerät, dass eine Laufbewegung simulieren soll. Ich hatte zwar mehr das Gefühl, Rad zu fahren als zu laufen, aber wenigsten ging das relativ mühelos, so dass zum Abschluss doch noch ein kleines Erfolgserlebnis heraussprang.

Am nächsten Tag verspürte ich ein leichtes Ziehen in Körperbereichen, die ich sonst nicht spüre. Dennoch registrierte ich halbwegs froh, keinen echten Muskelkater zu haben. Deswegen bin ich dann am Abend erneut hinüber in das Studio gegangen. Wenn man etwas anfängt, sollte man nicht gleich wieder aufhören. Lea war diesmal nicht da. Der Trainingsraum wurde von einem kleinen aber überaus muskulösen Mittdreißiger betreut. Der scherzte mit drei Typen von ausgesprochener Bodybuilderfigur herum. Oberarme wie Baumstämme, Unterarme wie Scheinshaxen. Meiner Vorstellung von Körperästhetik entspricht das ja nicht so ganz. Die Jungs stemmten, zogen und wuchteten permanent etwa das Vierfache an Gewichten, an das ich mich vielleicht herantrauen würde. Gut gelaunt unterhielten sie sich in ihren Übungspausen, was die besten Eiweißpräparate sind und wann am besten der Muskelumfang zu messen ist. Es ist schon erstaunlich, wie sich Vorurteile bestätigen. Auch die anderen Besucher machten einen ziemlich fortgeschritten Eindruck. Lediglich einer der Übenden war etwas weniger engagiert bei der Sache. Der las meistens Zeitung und unterbrach diese Entspannung lediglich für ein paar sehr kurze Einheiten. Ich absolvierte dann ganz dezent mein Softprogramm, das mir Lea am Tag zuvor empfohlen hatte und war fast ein wenig stolz, ihre Vorgaben in etwa eingehalten zu haben.

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zuckerwattewolkenmond - 5. Mai, 10:14

Na dann wünsche ich dir viel Durchhaltevermögen für dein Vorhaben. ;o)

40plusX - 5. Mai, 17:54

@Zschucker:

Ich mir auch!
Bianka (Gast) - 5. Mai, 12:07

Wie hält sich das mitbewohnende Waldtier fit?

40plusX - 5. Mai, 17:57

Hey Bianka,

schön, dass du hier vorbeischaust. Ach das Wildtier, das geht einmal in der Woche Turnen oder manchmal Schwimmen. Turnen heißt natürlich heutzutage nicht mehr Turnen, sondern BBP (Bauch - Beine - Po).
rosmarin - 5. Mai, 14:52

pfffffffffffffffffff...... keinen muskelkater?????? boah ey

40plusX - 5. Mai, 17:57

pfffffffffffffffffff......

..... voll zurück. :-)
svashtara - 5. Mai, 15:38

Achja,

da war ja noch was... der Sommer naht und meine Figur war nie weiter von einem Bikini entfernt als dieses Jahr... aber Fitness Center? Ich glaube, die würden mich da gar nicht aufnehmen. Ich bin ein einziges schlaffes Problem auf zwei Beinen.... :-))

40plusX - 5. Mai, 17:59

Also, wenn ich ...

... Dich so Reisen lesen, liest sich das so gar nicht schlaff. :-)
svashtara - 6. Mai, 01:06

Das ist der

ultimative Vorteil beim Schreiben: Man kann HEMMUNGSLOS lügen!!!
:-))

bleu - 6. Mai, 02:22

mioio

geht's genauso... und. schön, dass ich dich wiedergefunden habe!

lg
bleu

40plusX - 6. Mai, 02:27

upps, verlese ich hier eine nicht ganz unbekannte Schreibe aus Hannover? :-)
bleu - 6. Mai, 02:32

genau

die schreibe aus hannover. mioio. fühl dich umarmt... hab anfang der woche auch wieder angefangen zu fitnessen. natürlich in einem frauenfitness-studio... *gg*

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