Daily Notes

15Jul
2006

Zum Arsch der Welt

Der Tag beginnt früh, sehr früh. Und ausgerechnet diese Nacht habe ich extrem schlecht geschlafen, so dass ich ein ordentliches Schlafdefizit im Handgepäck habe. Später am Abend wird mir dieses Defizit noch einen Streich spielen. Der ICE rollt kurz nach Sieben aus Frankfurt heraus. Ich versuche doch noch etwas Schlaf zu kriegen, falle auch zwei oder drei Mal in diese Phase, in der sich die Wahrnehmung mit der Fantasie skurril vermengt, kurze Momente von Sekundenschlaf, aber nicht mehr. Der Zug fährt bei morgendlichem Sonnenschein durch die wohl begrünten Täler des hessischen Mittelgebirges. Meine Heimat, ich mag diese Landschaft. Irgendwann erkenne ich die Wasserkuppe, auf der die Sendeanlage im Sonnenlicht wie ein kleiner Stern funkelt. Kurz danach passiere ich die Linie, bei der es einst nicht mehr weiter ging, vor der ich oft stand und wissen wollte, wie es dahinter weitergeht. Von dem eisernen Vorhang ist heute nichts mehr zu sehen.

Der Zug wird plötzlich ganz langsam, bleibt stehen, fährt langsam wieder an, bewegt sich nur im Schritttempo voran. Eine Störung der Signalanlagen in Eisenach wird aus den Lautsprechern verkündigt. Langsam werde ich nervös. Die großzügige Umsteigezeit für Erfurt schmilzt deutlich dahin. Wenn ich dort mein Bimmelbähnchen verpasse, könnte sich die Weiterreise etwas kompliziert gestalten. Mit einer halben Stunde Verspätung erreiche ich Eisenach. Immer wenn ich nach Eisenach komme, habe ich das Gefühl wieder jenen Geruch der Braunkohleheizungen in der Nase zu haben, der bei meinen ersten Besuchen so dominant über der Stadt lag. Selbst in diesen klimatisierten ICE des Jahres 2006 scheint sich die Luft des Jahres 1989 auszubreiten. Für einen Moment öffnet sich ein freier Blick auf die Wartburg. Ich war immer noch nicht da oben. Ich muss das in diesem Leben unbedingt noch nachholen.
Jenseits von Erfurt
Nach Eisenach setzt sich die Fahrt mit normaler Reisegeschwindigkeit fort. Deutlich hebt sich in der Silhouette des Thüringer Waldes der große Inselberg mit seinen Funkmasten ab. Auch ein Landstrich, den ich mag. Erinnerungen an verschiedenste Wochenende in der Region huschen kurz an mir vorbei. Ganz oben auf der Liste natürlich die sportlichen Trips mit der alten Clique zum Rennsteiglauf. Erst neulich erzählte mir ein Bekannter, dass sich das Starterfeld in den letzten Jahren noch erheblich größer geworden sei. Ich spüre deutlich Lust, wieder hierher zu kommen.
adw-a2
Der Zug erreicht Erfurt ohne weitere Verzögerung. Meine leichte Nervosität bezüglich des Anschlusszuges war natürlich überflüssig, weil auch dieser Zug verspätet ist. Der komfortable Teil der Reise ist damit zu Ende. Weiter geht es mit einem Regionalexpress. Der Bahnsteig ist voll. Viele Gruppen von Jugendlichen und Heranwachsenden die alle mit Bierflaschen ausgerüstet sind unterwegs. Die zweite, signifikant vertretende Gruppe sind Rentner. Der Erfurter Bahnhof ist immer noch Baustelle und schmunzelnd frage ich mich, was wohl da mit dieser Werbetafel für Assoziationen freigesetzt werden können. Ich erobere mir einen Platz im vollen Zug. Kampftrinken scheint hier Jugendkult zu sein. Die Jungs und Mädels pumpen ganz schön ab. Nicht nur Bier, sondern auch Flaschen von Jägermeister und Korn machen die Runde. Mit glasigen Augen rennen und grölen die Grüppchen im Wagon hin und her. Es ist kurz nach Zehn. Die Fenster sind offen, der Fahrtwind pfeift ein Liedchen und das Fahrwerk ist auch nicht gerade gut gefedert. Aber irgendwie macht mir das heute einen Heidenspaß, dies Alles zu erleben.
Jenseits von Erfurt
Draußen hat sich die Landschaft verändert. Es ist jetzt wesentlich flacher. Statt Wälder prägen jetzt riesige Felder das Bild. Sie scheinen im ersten Moment alle irgendwie gleich auszusehen und haben dann ganz individuelle Strukturen. Dann schlängelt sich die Trasse entlang der Saale. Die Landschaft ist hier wieder etwas lieblicher. Kleine Weinberge erheben sich. Plötzlich passiere ich ein weites gelbes Areal. Ich bin irritiert, Raps, um diese Jahreszeit? Dann löst sich die Fläche für mein Auge in Tausende von Sonnenblumen auf.
Jenseits von Erfurt
Jenseits von Erfurt
Genau so plötzlich wie die Sonnenblumen erscheint ein Labyrinth von Rohren. Zwar sind entlang der Strecke immer wieder kleine Gewerbegebiete zu sehen. Doch wesentlich markanter sie die vielen alten Industrieanlagen, die leer stehend von vergangener Backsteinkultur zeugen. Leuna bildet daher hier einen auffälligen Kontrast.
Jenseits von Erfurt
Ich wechsele noch einmal den Zug. Das Gefährt, das mich nun voran bringt, hätte man früher als Schienenbus bezeichnet. Von den Gleisen wird nur noch eines betrieben. Die Natur holt sich die restlichen Gleisanlagen langsam und stetig zurück.
adw-a7
Der Zug hält alle fünf Minuten. Die Anzahl meiner Mitreisenden hat sich auf dieser fast letzten Etappe deutlich reduziert. Irgendwann geht es nicht mehr weiter. Zwei Böcke markieren das Ende des Schienennetzes.
Jenseits von Erfurt
Ich steige aus dem Zug. Die Sonne hat ihren höchsten Punkt erreicht. Highnoon. Ein leichter Wind weht über die mit Gestrüpp überwucherte Bahnanlage. Eine Szenerie wie in einem Sergio Leone Edelwestern. Fast fühle ich mich wie Charles Bronson, nur das ich keine Satteltasche sondern einen Rucksack geschultert habe. Es fehlt nur noch, dass die Töne einer Mundharmonika ertönen. Henry Fonda taucht dann auf der anderen Seite des verfallenen Bahnhofs in Form des berühmt, berüchtigten Ärmelschoners auf. Mit ihm und seinem vierrädrigen Ross begebe ich mich dann auf die letzten Kilometer zum Ziel.

14Jul
2006

Fundgrube Keller

17:35 Uhr, ich schließe die Wohnungstür auf. Relativ früh für einen Tag im Büro, aber ich habe schon kurz nach 16:30 Uhr Schluss gemacht. Ich bekam in dem heißen, stickigen Büro sowieso nichts Produktives mehr zusammen, also habe ich eine halbe Stunde früher als geplant den Feierabend eingeläutet.

Ich fühle mich müde und schlapp, weniger körperlich als mental, bin innerlich bewegt, teils von mir selbst genervt. Ich lege mich einfach auf’s Bett und schlafe kurz ein. Ein Donnern weckt mich eine Viertelstunde später. Der Nachbarssohn bolzt gegen die Garagentür. Ich bin kurz total verwirrt, denke für einen Moment, ich hätte den Zug, den ich morgen früh kurz nach Sieben nehmen will, verpasst. Das wäre richtig Bullshit. Ich schleppe mich zur Kaffeemaschine und setze zwei Tassen auf. Der Schädel zwischen meinen Schultern belebt sich.

Meine Gedanken beginnen zu rotieren. Das Hirn spult ab, was ich noch Alles an diesem Abend erledigen will. Bett abziehen, Bettwäsche waschen, Putzen, die Wohnung sieht wieder einmal ziemlich mies aus, Liegengebliebenes wegräumen, in welchem Raum anfangen, für eine Stunde hinüber zum Sport in die Muckibude rennen, womöglich noch zwei politische Diskussionspapiere verfassen, Sachen für den Wochenendausflug packen, ach ja, mit X und Y wollte ich ja auch schon seit Wochen telefonieren und am Geldautomaten sollte ich auch noch vorbeigehen.

Ich hole den Staubsauger aus der Ecke, wende mich dann aber erstmal dem Bett zu, ziehe zwei Kissen und eine Decke ab, unterbreche diese Tätigkeit, um auf Toilette zu gehen. Im Bad fallen mir die beiden Wäschetonnen ins Auge und ich durchwühle sie, um zu sehen, was ich mit der Bettwäsche waschen kann. Ich suche den Wäschekorb. Den finde ich im Wohnzimmer noch gefüllt mit den letzten gewaschenen T-Shirts. Ich sortiere den Inhalt des Korbs in den Kleiderschrank und suche mir bei der Gelegenheit Stücke für die nächsten zwei Tage heraus. Ich bin auf eine Hochzeit eingeladen. Was nehme ich da mit? Eins von den noch ungetragenen Hemden oder doch lieber eines von den schon eingeführten Favoriten. Rot oder blau. Stecke ich eine Krawatte ein? Bei diesen Temperaturen eigentlich totaler Schwachsinn, aber so was nimmt ja keinen Platz weg. Hose? Eigentlich könnte ich bei der Gelegenheit die Schuhe tragen, die ich vor zwei Monaten gekauft habe. Die müssen aber noch imprägniert werden. Ich lege letztendlich zwei Hemden, zwei T-Shirts und eine Hose bereit. Als Nächstes gewinnen verschiedenste Zeitungsstapel meine Aufmerksamkeit. Drei Ausgaben der Zeit sind äquidistant in Küche, Wohnzimmer und Arbeitszimmer verteilt. Ich sortiere sie durch. Der größte Teil wandert in das Altpapier. Auf dem Schuhschrank im Flur finde ich auch noch Teile der Zeit, ferner noch irgendwelche Prospekte und Fahrpläne. Auch das wird in die Altpapierkiste verlagert. Was wollte ich doch eigentlich machen? Saugen und Wäsche? Ich ziehe also die zweite Bettdecke ab, fülle endlich den Wäschekorb und gehe in die Waschküche.

Als ich auf den Weg in die Waschküche an der Kellertür vorbeikomme, geht mir durch den Kopf, dass ich schon lange meine Geburtsurkunde und alte Zeugnisse vermisse. Der Gedanke begleitet mich schon länger. Jetzt habe ich ihn aber da, wo ich fündig werden kann, nämlich im Keller. Ich stell die Waschmaschine an und begebe mich anschließend in den kleinen Kellerraum. Ich habe eine alte braune Herrenhandtasche im Sinn, in der ich früher alle möglichen Dinge verstaut habe. Der Keller ist voll mit Kisten. In der relativ zugänglichen Kommode finde ich nichts. Alle Kisten zu durchsuchen ist heute nicht zu schaffen.

Dennoch ich bin mittlerweile putz munter und verspüre einen unbändigen Drang wenigstens ein wenig in diesem meinem höchst persönlichen Archiven zu wühlen. Irgendwie passt das auch zu meiner momentanen extrem nachdenklichen Stimmung. In der ersten Kisten finde ich nur altes Geschirr. In einem alten Lederkoffer meiner Oma ist die Sammlung meiner Karl May Bücher. Ich bin erstaunt, wie gut sie erhalten sind. Dann entdecke ich unter einen der vorderen Kistenstapel mehrere alte Schubladen. Das sieht viel versprechend aus. Ich räume die Schubladen frei, finde gut 150 Musikkassetten, alte Pokale von Volksläufen, viele Postkarten, kleine gerahmte Bilder, die irgendwann an den Wänden meiner verschiedenen Heimstätten hingen, alte Füller, Lineale und einen Kasten mit Ölfarben. Und in der untersten Schublade liegt tatsächlich jene braune Herrenhandtasche.

Die Geburtsurkunde finde ich nicht, aber dennoch berge ich ein reiches Sammelsurium längst vergessener Begleiter. Zwei Kinderausweise, einen DB Juniorpass, Ausweise verschiedener Büchereien, den Jugend-Schwimm-Pass, einen Schüler-Sport-Ausweis und ähnliches. Ein Mitgliedsausweis der Falken ist dabei. Ich wusste gar nicht mehr, dass ich bei denen eingetreten war. Und tatsächlich liegt auch das Postsparbuch dazwischen, über deren Existenz mich die Post vor drei Jahren in Kenntnis setzte. Der letzte Eintrag datiert aus dem Jahr 1983 mit einem Saldo von 1,37 DM. Mittlerweile ist das Guthaben auf etwas über drei Euro angewachsen. Alles hat einen leicht muffeligen Geruch, aber ist letztendlich noch ganz gut erhalten.
pb-old
Beim Betrachten der Passbilder erinnere ich mich an die Kleidungsstücke, die ich dort trage. Auf einem Bild erkenne ich ein T-Shirt, auf das ich einst total abgefahren bin. Es war weiß und hatte eine Eins mit Stars-And-Stripes Muster auf der Brust. Um den Hals habe ich eines dieser Kettchen mit Sternzeichen, die mir meine Eltern ein paar Mal geschenkt haben. Wo ist nur dieses Kettchen abgeblieben? Ich weiß irgendwo in diesem Gewühl gibt es eine höchst interessante Holzkiste. In der habe ich alten Schmuck und eine Sammlung von Liebesbriefen. Aber zur weiteren Schatzsuche reicht die Zeit heute nicht mehr. Im ersten Stock wartet noch eine gute Portion Alltagschaos, dass noch ein wenig in die Schranken gewiesen werden muss. Die Herrenhandtasche nehme ich mit in die Wohnung und werde ihr ein neues Domizil geben. Und noch ein Fundstück nehme ich mit.
mumscamera
Mutters alte Kamera, die ich schon seit Jahren verwahre. Eine zeitlang habe ich damit sogar Bilder gemacht. Ein wenig ärgert es mich, dass ich sie seit dem letzten Umzug hier unten habe liegen lassen. Aber hier scheint nichts verloren zu gehen. Ich sollte demnächst wieder vorbeikommen, vielleicht finde ich dann auch meine Geburtsurkunde. Und ein wenig Ausmisten wäre vielleicht auch keine schlechte Idee.

P.S. Mit dem Sport, das wird wohl heute nichts mehr, aber ich packe noch die Joggingschuhe ein, vielleicht kann ich in so einer Heiratspause etwas laufen. Der Küchenputz ist jetzt auch auf Sonntag verschoben. Das Hochzeitsgeschenke werde ich aber noch verpacken.

10Jul
2006

Der Arsch der Welt …

… liegt wahrscheinlich irgendwo in einer Region, die als Harzvorland bezeichnet wird. Dies ist jedenfalls das Ergebnis meiner wochenendlichen, geografischen Studien. Eigentlich also gar nicht soweit weg. Bedingt durch die Synthese freundschaftlicher Verbundenheit und gesellschaftlicher Verpflichtung werde ich in ein paar Tagen diesen Ort kennen lernen. In mühevoller Kleinarbeit ist es mir tatsächlich vorab gelungen, verschiedene verkehrstechnische Varianten zu erschließen, wie man dort hingelangt. Ich werde mich tatsächlich darauf einlassen, mittels öffentlichen Verkehrsmitteln auf einen Zickzackkurs durch Sachsen-Anhalt zu reisen. Irgendwie kann das Gefühl nicht abschütteln, dass mir ein kleines Abenteuer bevorsteht. Mit vorfreudiger Spannung blicke ich diese Reise entgegen.

20Jun
2006

Versorgungsraum

Der Raum ist groß, aber nicht so groß, um ihn als Saal zu bezeichnen. Kantine wird er hier genannt. An der Frontseite ist ein Resopal beschichteter Tresen, an dem es Getränke und einfache Speise zu sehr günstigen Preisen gibt. Schokoriegel, belegte Brötchen und ein Bockwürstchen werden angeboten. Hinter ihm steht weiß beschürzt die Dame dieses Reiches. Wie ein guter Kioskbesitzer kennt sie die Wünsche ihrer Gäste. Auch mein Gesicht kennt sie mittlerweile und fragt „ein Kännchen“, wenn ich an den Tresen komme. Sechs Tische, auf denen klein karierte Plastiktischdecken liegen, stehen für die Pausenmahlzeit bereit. In der Mitte der Tische liegt zusätzlich eine kleine Plastikunterlage, die einem Spitzendeckchen nachempfunden ist. Darauf sind in einem Dreieck ausgerichtet ein Zuckerstreuer, ein Aschenbecher und ein Töpfchen mit Plastikveilchen platziert. An einer der Wände sind in einer Glasvitrine Pokale der Mitarbeiter Sportgruppen ausgestellt. Der letzte große Erfolg liegt schon etwas zurück. Über den Heizkörpern sind marmorierte Borde montiert, auf denen verschiedenen Zierfiguren, wie sie in Geschenkboutiquen angeboten werden, aufgestellt sind. Außerdem sind an den Wänden ein paar gerahmte Poster aufgehängt. In dem Raum sind immer ein paar Tische besetzt. Der Kleidungsstil in diesem Haus ist sehr leger und wäre ebenso für den Fernsehabend auf der heimischen Couch geeignet. Etikette tragen höchstens ein paar Abteilungsleiter. Dienst- und Geschäftsgespräche sind hier eher eine Ausnahme. Ein Ambiente, was wunderbar geeignet ist, Vorurteile zu bedienen. Ich gehe jedenfalls gern in diesen Raum, um zwischendurch für zehn Minuten von Diskussionsrunden und Monitoren bei einer Tasse Kaffee etwas Abstand zu gewinnen.

16Jun
2006

Jährliche Lästigkeit

Gern starte ich mit dem Vorsatz ins Jahr, diesen Gang möglichst früh zu gehen. Aber vor Juni klappt das selten, gern wachte ich sogar bis August oder September. Dabei ist es wirklich einfach. Ein paar Formulare ausfüllen, ein paar Belege dazu heften, das Ganze dann in einen Umschlag eintüten und dann in einen Briefkasten werfen bzw. bei einer zentral gelegenen Amtsstube abgeben.

Die Formulare sind dabei das entscheidende Problem. Diese müssen nämlich zunächst da sein, um sie ausfüllen zu können. Eine nicht unerhebliche Hürde, da gleichbedeutend damit, dass die träge Masse um den eigenen Arsch herum diesen kleinen zehnminütigen Umweg in das Foyer der Amtsstube bewältigen muss. Wenn dieser irgendwann schwitzend gemeistert wurde, werden die erbeutenden Formblätter abgelegt, um Wochen später festzustellen, dass eines der Blätter die falsche Version ist. Der zweite Versuch, in Besitz der richtigen Formblätter zu kommen, führt in das Internet und wird erheblich schneller und erfolgreicher abgeschlossen als der erste. Warum eigentlich nicht gleich so, fragt sich da der Versuchende.

Vom erfolgreichen Download erhole ich mich dann noch ein paar Tage, um dann den zentralen Akt des Prozesses anzugehen. Das Ausfüllen der Formulare. Wie immer, wenn eine solche Tätigkeit ansteht, befällt mich ein deutliches Unbehagen. Auch die Aussicht, dass der Vollzug letztendlich zu einem messbaren monetären Zufluss auf meinem Konto führen wird, will dieses Gefühl nicht bei Seite schieben. Die Formulare werden auf dem Schreibtisch ausgebreitet, ich werfe nach dieser Einleitung erstmal die Kaffeemaschine an. Das Deckblatt wird ausgefüllt, erfolgreich trage ich meinen Namen, meine Anschrift und meine Kontoverbindung ein. Anschließend lese ich zur Belohnung drei Artikel bei Spiegel-Online. Die zweite Seite bearbeite ich souverän, d.h. ich setze zwei Kreuzchen und belege vor dem Angriff aus Seite Drei ein halbes Brötchen mit Käse, um diese Etappe gestärkt anzugehen. Das ist auch nötig, denn Seite Drei ist im Vergleich zum Vorjahr neu gestaltet. Vier oder fünf Zahlen muss ich in den richtigen Kästchen platzieren. Eine diese Zahlen ist die Summe mehrer Belege, die ich bereitgelegt habe. Die Addition meistere ich souverän mit Excel. Doch welchen Wert jetzt wo eintragen. So ganz klar ist das auf den ersten Blick für mich nicht.

Ich habe im Allgemeinen kein Problem eine Landkarte zu lesen. Mit technischen Texte und Formeln komme ich auch ganz gut zu Recht. Ich mag klare Aussagen, wie „eine Zahlenfolge A(n) konvergiert gegen a, wenn es zu jeder positiven Zahl ε einen Indes N(ε) gibt, so dass für alle n>N(ε) stets |A(n)-a|< ε ist.“ Das ist schön eindeutig und bringt die Sache ohne Umwege und Ausnahmen auf den Punkt. Amtsdeutsch und juristische Formulierungen hingegen können mir beträchtlich auf den Geist gehen. „Eine Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt gilt als fortbestehend, so lange das Beschäftigungsverhältnis ohne Anspruch auf Arbeitentgelt fortdauert, jedoch nicht länger als einen Monat. Satz 1 gilt nicht, wenn …“ Es wundert mich nicht, dass zu jedem Gesetz noch eine Reihe von Kommentare interpretierend verfasst werden. Irgendwie seltsam, dass für den konsumierenden Endabnehmer so manches Regelwerk ohne juristische Fachunterstützung nicht mehr auslegbar ist.

Ich schimpfe vor mich her, Begriffe wie „Schwachsinn“ oder „total bescheuert“ quellen über meine Lippen. Eine weitere Stunde später habe ich dann auch das letzte Blatt ausgefüllt. Am nächsten Tag gebe ich meine Steuererklärung ab. Zwölf Wochen soll es dauern bis der Bescheid kommt. Es kann also wirklich nicht so einfach mit diesen Formularen sein, wenn selbst die Fachleute vom Finanzamt so lange brauchen, um meine sechs Blätter mit Standardangaben zu bearbeiten.

29Mai
2006

Sportliche Lachnummer

Ailton verlässt den HSV, wer hätte das gedacht! Fußball gehört zwar nicht zu meinem sportlichen Primärinteresse, aber gerade in Zeiten in denen bald Zehntausende von Tommies die Stadt und ihre Baustellen stürmen werden, liest man solch ungemein wichtige Nachrichten mit gebührender Aufmerksamkeit. Ich war ja mit meinen fußballerisch sowohl fachkundigen als auch talentierten Vater sofort einig, dass das einer der beklopptesten Spielertransfer der letzten Jahren war. Da spielt eine Mannschaft eine die Erwartung übertreffende gute Hinrunde und prompt steigt der temporäre Erfolg der Funktionärsgarde in den Kopf und sie muss einen solchen Suppenkasper verpflichten. Gut an den Ball getreten hat Herr Ailton schon irgendwann in Bremen, so vor ein paar Jahren, aber danach war er wohl er für Schlagzeilen jenseits des Spielfeldes prädestiniert. Aber Sportfunktionäre sind meistens noch Qualitätsbewusster als Politiker oder gar Gewerkschaftsfunktionäre, wobei ich Uli Hoeneß selbstverständlich ausschließe. Am besten ist immer noch die Synthese aus den verschiedenen Gattungen, beispielsweise Gerhard Mayer-Vorfelder, der wahrlich multipelste und damit überflüssigste Multifunktionär der Nachkriegsrepublik. Ich habe bis heute nicht verstanden, wieso der Mann nie einen Platz im IG-Metall-Vorstand erobern konnte.

24Mai
2006

… nur der THW, nur der THW …

Deutscher Meister wird nur der THW, nur der THW, singt es fröhlich und profan in meinem Hirn herum.

Während ich gestern Abend voller Inbrunst die Löwen in der SAP-Arena zum Sieg über die SG angefeuert habe, hat die wahre Löwin via Television die Zebraherde jubelnd bei ihrer finalen Gala begleitet. Und so haben wir mit vereinten Kräften eine rekordverdächtigte Meisterschaft gewonnen.

15Mai
2006

Intimer Freistoß

Die nahende Fußball WM hat bekanntlich dazu geführt, dass es mittlerweile in diesem Land fast kein Konsumprodukt mehr gibt, das nicht WM tauglich ist. Der kollektive Wahn der Marketingexperten sorgt dafür, dass wir praktisch nur noch WM-gelabelt essen, trinken, uns ankleiden, fahren und den restlichen Alltag verbringen. Dass das anstehende Event uns wirklich in allen Lebenslagen glücklich machen kann, wurde mir gerade beim Abstecher in den gegenüberliegenden Supermarkt nachhaltig bewusst. Dort entdeckte ich an der Kasse das WM taugliche Kondomangebot bestehend aus drei roten Kondomen, drei schwarzen Kondomen, drei grünen Kondomen (glatt, zylindrisch) und zwei transparenten Kondomen (perlgenoppt, konturiert) sowie dem zusätzlichen Freifxxx-, äh, Freistoß-Kondom.

14Mai
2006

Plus Eins

Das X erhöht sich um eine Einheit. Diesmal wird es schnapsstellig, vielleicht hilft das, sich die neue Zahl zu merken. In den letzten Jahren hat es immer ein paar Monate gedauert, bis ich sie auf Anfrage richtig wiedergab. Das morgendliche Gegenüber im Badezimmerspiegel hat sich nicht verändert, das war letztes Jahr und vorletztes Jahr und … auch so und trotzdem schleichen sich im Lauf der Jahre doch irgendwelche Veränderungen ein. Der Tag ist mild, frühlingshaft, die dunklen Wolken haben sich noch nicht durchgesetzt. Es ist schön, dass dieser Tag im Mai liegt. Mai ist ein guter Monat, um auf dieser Welt anzukommen. Mit Astrologie kann ich nichts anfangen, aber den Satz „Mein Sternbild ist der Stier“ mag ich, hinter Zahlen lag für mich noch nie Magie, aber die Zahl „Vierzehn“ gefällt mir. Der Tag ist mir was Besonderes, auch wenn ich ihn unauffällig gestalte. Möchte Erdbeeren essen, möchte grüne Soße essen, möchte eine Flasche Riesling öffnen, möchte Laufen, möchte den Frühling riechen, möchte viele kleine Dinge machen, die mir nahe sind, möchte so des Tages Besonderheit wahren.

11Mai
2006

Fensterplatz

Es ist gut, auf den langen Strecken einer Weltreise einen Fensterplatz zu haben. Dann lässt sich herausschauen und das gerade Erlebte, zieht noch einmal vorbei oder die Gedanken fragen sich, was es als Nächstes zu erleben gibt.
Workplace-2
Manchmal holt einen die Welt jenseits der Reiseroute ein. Selbst unterwegs, mag Brot erworben werden. Und die kleinen Steckpferde, wie das Verfassen politische Pamphlete zum Ärgern der provinziellen Prominenz und das Verfolgen unglaublich wichtiger Sportereignisse, wollen auch gepflegt werden.
logo
LogMa(h)l à la carte
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ライブチャット 素人
ライブチャット 素人 Very pleasant time…
ライブチャット 素人 (Gast) - 6. Dez, 03:25
Sollte es zur Frauen-WM...
Sollte es zur Frauen-WM nicht auch ein Volksfest geben?...
Oliver (Gast) - 14. Aug, 11:46
Ente gut, alles gut...
...so sieht's aus. Ein paar Bilder aus'm Schlachthof...
heldentenor - 16. Sep, 17:43
ich glaube, dies ist...
ich glaube, dies ist ein veganerblog hier. gestern...
rosmarin - 31. Jul, 19:52
ok.... ich hab in meiner...
ok.... ich hab in meiner verzweiflung versucht, in...
rosmarin - 23. Jul, 01:05
Status
Online seit
2005-11-21 19:44

Zuletzt aktualisiert:
25. Okt, 13:37

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